Anrudern – einmal anders

Da aus bekannten Gründen das Anrudern dieses Jahr nicht in gewohnter Weise stattfinden kann, hat sich unsere Clubführung flexibel gezeigt und das virtuelle Anrudern erfunden, konzipiert und ausgeschrieben.  

Welche Bedeutung gewinnt das Adjektiv „virtuell“ im Zusammenhang mit unserem traditionallen Anrudern? Definition des Wortes „virtuell“ in Wikipedia: „nicht echt, nicht in Wirklichkeit vorhanden, aber echt erscheinend“. Verstanden? Also, in echt dürfen wir nicht rudern, also findet das Anrudern in Wirklichkeit auch nicht statt, aber irgendwie muss es aber doch echt wirken. Hmmm. Schau’n mer mal. 

Aus den vier Auswahlmöglichkeiten (12 km Laufen – no way, 12 km Inline-Skaten – vielleicht, 20 km Ruderergometer – habe ich nicht oder 42,195 km Fahrradfahren – geht so) habe ich mich für das geringste Übel entschieden, die Marathondistanz auf dem Fahrrad. Schnell angemeldet, damit der Schweinhund keine Chance mehr hat und dann eine Strecke planen. Neben der km-Vorgabe, wollte ich die Challange noch ein wenig aufpeppen und ein wenig Ruderbezug einbauen. Grosser Fehler.
 

Hier die selbst auferlegten Randbedingungen, die es zu erfüllen galt:

1.) Möglichst viel am Wasser fahren. Mit dem Rhein vor der Haustür sollte das kein Problem sein.

2.) Alle Düsseldorfer Rudervereine abklappern und das war der Fehler.

2.) Ein Rundkurs sollte es werden. Von Meerbusch-Osterath zu den Rudervereinen und wieder zurück.

 

Hier eine Kurzbeschreibung der Strecke. Über die Flughafenbrücke auf die rechte Rheinseite, an der Messe und Schnellenburg vorbei zum Wassersportverein Düsseldorf. Weiter auf der Uferstrasse entlang, an der Alstadt vobei und über die Fussgängerbrücke am Hafen zur Lausward. Schwups war ich schon bei Germania und dem DRV. Von dort aus führt der kürzeste Weg zum Unterbacher See leider mitten durch die Stadt. Hier muss ich für unseren rechtsrheinischen Düsseldorfer Mitglieder kurz erklären, dass Osterath mehr oder weniger ein Dorf ist und somit die Befahrung z.b. der Bachstrasse und der Bilker Allee im Werktagsverkehr für mich als gemütliches Landei durchaus eine Herausforderung darstellt. Aber, ich habe es überlebt. Am Unterbacher See hat es etwas Mühe gekostet die gut versteckte Schülerruderriege Erkrath zu finden, aber da die nunmal auf Düsseldorfer Stadtgebiet rudern, musste ich die einfach finden. Vorbei am Bootshaus der Gerresheimer Ruderriege habe ich mich mal wieder gefragt, wer gerne auf einem See rudert, der maximal 2.000 Meter lang ist, im Sommer mit Seglern und Tretbooten überfüllt ist und an dessen Ufer alle paar Meter ein Angler sitzt. Einzige mögliche Erklärung: Der See bietet für Schüler, die eher unlustig den Rudersport ausüben, viele Möglichkeiten sich in Buchten oder hinter Inseln vor den Blicken des Sportlehreres zu verstecken. Ernsthaft rudern erscheint mir eher schwierig. Vom Unterbacher See ging es über Reisholz nach Benrath (RGB). An dieser Stelle zeigte mir mein Kilometerzähler schon 43,7 km an und ich hatte alle Rudervereine abgeklappert. Challenge erfolgreich abgeschlossen habe ich gedacht. Blöd war nur, dass ich am südlichsten Punkt meiner Reise war und die Heimatgarage in weiter Ferne lag. Oder doch mit der Bahn nach Hause? Nein, das wäre ja einem virtuellen Anruderetappenabbruch mit echtem Bootstransport gleichgestellt. Also weiter über Himmelgeist und Fleher Brücke nach Grimmlinghausen. Am Neusser Rudervein noch kurz ein Foto gemacht, auch wenn der NRV nicht in Düsseldorf liegt, aber wenn man schon direkt daran vorbei kommt nimmt man das mal eben mit. Ab hier zog es sich.... Durch den Neusser Hafen zurück ins linksrheinische Düsseldorf-Heerdt, Ober-, Niederkassel und Lörick. Dort fing alles an. Nicht das virtuelle Anrudern sondern vor vielen Jahren meine Rudererkarriere. Damals fand die Ruderausbildung auf dem Rheinarm im Löricker Freibad statt. Unter Aufbringungen all‘ unserer Kräfte mussten wir zu viert einen tonnenschweren Klinkerzweier m. Stm. zum Wasser und wieder zurück tragen. Eine Herkulesaufgabe. Was war ich froh, als ich in die Riege derer aufstieg, die in Hamm auf’s Wasser durften. Die Boote wurden nicht leichter, aber es gab Bootswagen und somit wurde die Tragestrecke wesentlich kürzer. Länger wurden wiederum die Ruderstrecken. In Summe erhöhte sich die körperliche Anstrengung erheblich (für einen kleinen, dicken15-jährigen kein wirkliches Argument), aber Rudern macht mir bis heute mehr Spass als Boote tragen.

Spätestens als ich hier keuchend und gaaanz laaangsam den Deich rauf schlich, fand ich meine Zusatzbedingungen für die Challenge völlig überflüssig. Meine Oberschenkel meinten es wäre jetzt genug und nur unter ständig gutem Zureden haben sie mich dann doch noch bis nach Hause getreten.

Abschließende Fragen:

Würde ich diese Tour weiter empfehlen? Ein klares Jein. Die Strecken direkt am Rhein, meist auf dem Deich, sind toll. Sparen kann man sich den Abstecher zum Unterbacher See (Stadtquerung und Reisholz) und linksrheinisch durch den Neusser Hafen. Es ist irgendwie hoch unattraktiv zwischen Industrieanlagen und parkenden LKWs aus aller Welt Fahrrad zu fahren. Da wäre es spannender durch den Hamburger Hafen zu rudern. Also besser zurück über die Südbrücke.

Wie war das mit dem „virtuell“?

Wie beim traditionellen Anrudern habe ich viel Wasser (Flughafenbrücke – Benrath = 32 Stromkilometer) gesehen, viele Brücken unter- und überquert und alle Rudervereine gesehen. In Wirklichkeit habe ich auch viele Ruderboote erspäht, aber leider keines auf dem Wasser. Hinreichend echt hingegen war zum Schluss der Erschöpfungszustand, aber gefehlt hat mir zum einem das Rudern selbst, aber am meisten die Geselligkeit unseres Mannschaftssports. Gut das ich damals nicht im Radsportverein gelandet bin. Ich vermisse Euch.

Jörn Loocke


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