Klaus Riekemann ist immer vorne dabei

Germanen weltweit: Klaus Riekemann

Heute beginnt die lose Reihe über Vereinsmitglieder in der Welt. Klaus Riekemann, kürzlich 80 Jahre jung geworden, ist einer der zehn Ruderer aus unserem Club, der dem Verein aus weiter Ferne bis heute die Treue hält und noch gerne in Verbindung mit der Germania steht, als Mitglied des Minerva Bath Rowing Club in Bath/England. Er sowie weitere zwei Mitglieder wohnen in England, zwei leben in Frankreich, jeweils einer in Belgien, der Schweiz, in Spanien, in Norwegen und sogar einer außerhalb Europas, in Chile.

Es ist so schön, wie schnell ich mich mit Klaus verbunden fühlte, auch wenn wir uns bislang nur besonders flüchtig kannten. Ich sprach ihn im Herbst im Club auf mein Vorhaben an, nun telefonierte ich mit ihm. Und es war eine große Freude! Denn Verbindungen waren schnell gefunden. Wir sind nicht nur im selben Club, teilen dieselbe Leidenschaft, sondern haben auch gemeinsame Erinnerungen. Wir trafen uns zum Beispiel „unbekannterweise“ auf den letztjährigen World Masters in Ungarn. Der ehemalige Trainingskumpel Günther Schroers kam in den Erzählungen vor, den man einfach kennen muss. Und er konnte mitempfinden, auch wenn er Olympiasieger ist, wie ich mich gefühlt haben muss, als ich Vierte bei den Olympischen Spielen im Zweier wurde.

Und schon entstand während des Gesprächs eine spontane Verabredung zum Rudern: Sofern die Situation es im Herbst zulässt, wollen wir in den Zweier steigen. Oder besser in den Doppelzweier, so ungeübt wie ich leider bin, wie ich ihm beichten musste. Da bin ich zumindest auch schon positiv vorbelastet, denn ich hatte zu meinen aktiven Zeiten das Vergnügen, mit Olympiasieger Stephan Volkert im Doppelzweier aufs Wasser zu gehen. Das musste ich Klaus natürlich erzählen. Schmunzelt meinte ich zudem: Und ich bin ja nur Olympia-Vierte im Zweier – ob er sich das antun will...

Ich war neugierig, was er mir zu erzählen hatte. In lebendigen Erzählungen nahm er mich mit auf die Reise um die Welt. Denn er ist nicht einfach nur von Düsseldorf nach Bath in England gezogen.


Die ruderische Reise, Teil 1: Vom RC Marl zum RCGD (1959)

Klaus wurde 1940 in Dorsten geboren. 1956 fing er im Ruderclub Marl (eingegliedert im VfB Hüls) mit dem Rudern an. Nur ein Jahr darauf startete er auf Deutschen Jugendmeisterschaften, begegnete dort erstmals u.a. Günter Schroers und Klaus Pfeiffer, denen er sich noch geschlagen geben musste. Schon 1958 und 1959 wurde Klaus Riekemann Europameister im gesteuerten Zweier und Olympia-Gold schon irgendwie in greifbare Nähe gerückt war. Doch der Trainer ging nach Hamburg, Klaus machte deutlich: „Wir waren richtig stinkig!“ Was nun? Sein Ruderpartner hatte sich entschieden nach Wanne-Eickel zu gehen. Klaus ging alleine nach Düsseldorf, man kannte sich und er wusste, sie hatten auch die Olympischen Spiele im Blick. Er wusste aber auch, dass im erfolgreiche Vierer mit Steuermann, dem Europameister von 1959, kein Platz für ihn war. Aber bald formierte sich ein weiterer Vierer in der Germania.


Die ruderische Reise, Teil 2: Der Weg von Düsseldorf nach Rom (1960)

In der Saison 1960 fuhren beide Vierer zusammen Achter, blieben aber Zweiter hinter dem legendären Ratzeburger Achter von Karl Adam. Und die Siege für den eigentlichen Germania-Vierer blieben weg. So wurden die beiden Vierer umbesetzt. Trainer Theo Cohnen setze zu Klaus‘ früheren Zweiergegnern Gerd Cintl, Horst Effert und Steuermann Michael Obst ihn sowie Jürgen Litz, der ursprünglich vom ETUF Essen zum RCGD kam. Es folgte bekanntermaßen der Olympiasieg 1960 in Rom.

Nach der 1961 Europa-Qualifikationsregatta in Ost-Berlin gab es ein Ereignis mit geschichtlichem Werdegang. „Am Morgen des 13. August um 5 Uhr hieß es: „Schnell, schnell, schnell...Tasche packen! Dann wurden wir nach West-Berlin gefahren. Die Nachricht war, dass die Ost-Deutsche Regierung die Grenze um Berlin zumachte. Ich war neugierig und ging zurück zum Brandenburger Tor, um zu sehen was sich da wirklich tat. Dann sah ich wie mit nur hundert Meter Abstand unter dem Brandenburger Tor die russischen und amerikanischen Panzer standen. Gleichzeitig wurde der berüchtigte Stacheldrahtzaun gelegt. Das geschichtlich wahnsinnig denkwürdige Ereignis habe ich hautnah erlebt“, erinnert sich der Germane.

Es folgte dann Ende August bei der Europameisterschaft in Prag der dritte Platz im Vierer-ohne mit Klaus Wegner, Manfred Uellner und Günter Schroers. Danach beendete Klaus seine Ruderkarriere – besser gesagt er unterbrach sie. Denn nach langer beruflicher Unterbrechung ging die ruderische Reise bei den Masters weiter. Dazu später mehr.


Die berufliche und private Reise ohne Rudern: Düsseldorf – Swindon, England – Düsseldorf – Miami – Chicago – Düsseldorf – Bath (1979-2001)

Klaus studierte in der Nähe von Basel (Weil am Rhein), arbeitete aber nie als Mechanischer Ingenieur, sondern mit großem Erfolg im Management einer Welt bekannten amerikanischen Firma. Mit seiner ersten Frau Ingrid bekam er zwei Töchter, die Trennung blieb jedoch nicht aus. 1979 ging er beruflich bedingt nach Swindon in England, wo er 1982 seine heutige Frau Jane kennenlernte, 1984 zog er dann wieder zurück nach Düsseldorf, um einen Betrieb in Ratingen aufzubauen. Kurz vor der erfolgreichen Fertigstellung kam schon ein Hilferuf aus den USA. 1985 zog er nach Miami, um dann gegen Mitte des Jahres wieder nach England zu reisen und das große „Ja-Wort“ zu sagen. Fast drei Jahre später kam der Umzug nach Chicago. 1996 zog er schließlich wieder zurück an den Rhein. Dieses Mal statt für ein Jahr immerhin für fünf Jahre. 2001 ging es wieder auf Reise. Erneut nach England, in diesem Fall nach Bath im Südwesten von England mit 86.000 Einwohnern, wo er seit 2004 im Ruhestand lebt und – auch wieder rudert.

 

Die ruderische Reise, Teil 3: Neustart ins Rudern beim Minerva Bath Rowing Club (2011)

Mit einem Freund ging er an den Fluss Avon nahe seinem Haus und wollte mit ihm ein Bier in dem dortigen Restaurant trinken. Es war wegen Renovierung geschlossen und Beide liefen an Feldern entlang, wo Ruderboote lagen. „Als ich meinem Freund ein wenig zu den Boote erklärte, kam ein Mann vorbei. „Er fragte, ob ich rudern könne und ob ich Interesse hätte. So kam ich dann zum Minerva Bath Rowing Club.“

 

Sein Leben im Minerva Bath Rowing Club

Klaus startete 2011 als Master wieder in den Rennsport. Im selben Jahr konnte er mit seinen Teams bei der World Rowing Masters Regatta (WRMR) kein Rennen gewinnen. Bei den Nachfolgenden Besprechungen, warum alle Rennen verloren wurden, erklärte Klaus „Leute, das geht so nicht. Verlieren ist keine Option, wir müssen uns mehr anstrengen!“ Von 2012-2018 beendete er bei den World Masters 29 von 31 Rennen als Sieger. 2019 wurden es dann „nur“ zweite Plätze, da stieg direkt die Motivation für die folgenden Wettkämpfe bei dem so jung gebliebenen Germanen. Bei den World Masters, die aufgrund der Coronapandemie von diesem Jahr auf das kommende gelegt wurden, sollen weitere erste Plätze folgen. Langstrecken mag er übrigens gar nicht: „Ich will die Konkurrenz sehen.“ Und die sieht er, wenn er siegt. Sei es bei den Olympischen Spielen oder als Mastersruderer.

Auch die Geselligkeit kommt natürlich nicht zu kurz unter den gut 150 Mitgliedern: „Man lebt ja mit dem Club“, so der engagierte Exil-Germane. Es fehlte aber einfach an Raum vor Ort dafür. Einer von vielen Gedanken im Rahmen der Development Group, in der es für ihn zusammen mit vier weiteren Mitglieder um Ideen für die kommenden Jahre für den Club geht. Sein Einsatz für den Verein ist groß. Er ließ sich zum Beispiel etwas einfallen, um den Anbau für Umkleide und Toiletten zu realisieren. Er strich einige Riemen am Blatt golden und fuhr nach Henley zum Ruderstützpunkt, um dort die beiden Olympiasiegerinnen im Zweier-ohne von 2012 und 2016, die im MBRC das Rudern lernten, auf dem Blatt unterschreiben zu lassen. Anschließend verkaufte er diese, mit Erfolg.

Wie der RCGD mit dem Fermoy Rowing Club in Irland pflegt auch der MBRC eine Partnerschaft: Mit der Rudervereinigung ARZV Alkmaar, Holland. Die seit 1987 befreundeten Ruderer treffen sich jährlich einmal in Bath und einmal dort. Und Klaus ist natürlich immer mit dabei. Auch bei der Clubregatta im Winter, allerdings als Experte für den Glühwein.

Zu Beginn der Coronazeiten kaufte er sich ein Ergo, rudern war lange nur in privaten Booten möglich. Sportlichen Stillstand gibt es für den so fitten Ruderer einfach nicht.


Kleiner familiärer Exkurs Olympia 2012

Die olympischen Ruderwettkämpfe 2012 erlebte Klaus mit seiner Frau als Zuschauer in Eton nahe London. „Jane ist so weit weg vom Sport, wie man nur denken kann. Doch Olympia im eigenen Land, das wollte sie erleben. Viele aus dem Club bewarben sich auf Tickets für das Rudern, keiner bekam sie, aber sie.“ Seine Töchter probierten sich sogar früher aktiv im Rudersport, doch das Interesse war damals nicht groß genug.


Der Bezug zur Heimat Marl und Düsseldorf

Einmal im Jahr kommt Klaus zurück in seine Heimat und übergibt beim VfB Hüls (Ruderclub Marl) den Riekemann-Preis. Der Preis soll für den Nachwuchs vor allem auch ein Ansporn sein, einen Weg im Ehrenamt zu gehen und sich im Club einzubringen. Neben der sportlichen Leistung zählen auch Vereinstreue, Verlässlichkeit und Mitarbeit im Verein. „Wir brauchen euch, vor allem, um die Vorstands- und Abteilungsriegen zu verjüngen“, appellierte VfB-Präsident Dieter Peters im vorigen Jahr. Als er gefragt wurde, ob er der Namensgeber und Überbringer sein wolle, sagte Klaus 2015 überzeugt zu. Natürlich lässt er sich auch gerne in Düsseldorf blicken, so war er gerade erst Ende letzten Jahres in der Germania und pflegt auch weiterhin Kontakte dorthin.

Vielleicht besucht der eine oder die andere einmal einen unserer zehn „Germanen weltweit“ zum Rudern in der Ferne – das wäre doch toll! Wer dies sogar schon getan hat, der schreibt mir sehr gerne eine Mail an presse@rcgermania.de!!!

Link FISA-Artikel

Link FISA Ergebnis 1960

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