„Wir hätten vorbestellen sollen“

Dass wir schlecht vorbereitet waren, merkten wir bereits wenige Minuten nach der Ankunft beim ESV Lok Zernsdorf: Ein Bierfass? Also, nein, das gebe es nun nicht. Hätten wir vorbestellen müssen. Und zwar mindestens zwei Wochen im Voraus. Wir sollten in den folgenden vier Tagen noch so manches Mal diese Erfahrungen machen: Auch beim Bäcker und beim Metzger ließ man uns in vorwurfsvollem Ton wissen, dass wir nicht einfach in den Laden spazieren und große Menge einkaufen könnten. Und Kuddel, bei dem wir am ersten Tage zur Mittagspause anlegen wollten, hatte gleich ein Schild am Ufer platziert, um Kundschaft auf Abstand zu halten. Hätten wir also auch dort vorbestellen sollen.

Wir ließen uns davon aber nicht die Laune verderben. Bei herrlichem Sonnenschein ruderten wir 112 Kilometer durch eine wunderschöne Landschaft mit Seen und Kanälen, begegneten Fischreihern wie FKKlern und wurden allenfalls von ein paar Sch…Hausbooten (Betonung auf der ersten Silbe!) gestört. Naja, manch eine Steuerfrau fühlte sich wohl auch ncoh von Reusen und der einen oder anderen Pop-up-Boje gestört.

Ulla hatte zwar das eine oder andere Mal den Eindruck, es fehle ihr an Autorität. Die restlichen 15 Frauen aber schätzten es sehr, dass sie und Birgitta jeden noch so kleinen Wunsch berücksichtigten. Und sei es nur der von Fleischsalat zum Frühstück. Nur von ihrem Plan, am Samstag ein Soll von 40 Kilometern in den Booten zu absolvieren, ließ sich Ulla nicht einmal mit Schnaps abbringen. Und zum Glück auch nicht davon, am Sonntag vor der Abreise noch mal zwölf Kilometer in klarer Luft in den Tag hinein zu rudern.

Zudem unterstützte uns Gerti vom DRV. Mit leckerer Marmelade und ebenso leckerem – und mit ihrer langjährigen Erfahrung: Dass zur persönlichen Ruderausstattung unbedingt auch ein Becher gehöre, war den Germaninnen jedenfalls neu. Und so wurde nicht nur nach einem plötzlich abgesprungenen Klemmring Werkzeug von einem zum anderen Boot balanciert, sondern eben auch Rotwein. Ob Gerti ihre Großzügigkeit bereute, als das andere Boot dann mitsamt der Flasche davon ruderte – und zwar ehe sie sich selbst eingeschenkt hatte?

Dass da plötzlich mitten in der Nacht, als eine von uns aufs Klo musste, auch mal ein Mann im Vereinsheim auftauchte und ein paar lallende Herren unseren Gesangsabend mit äußerst fragwürdigen Vorschlägen zu kapern versuchten, schmälert den Erfolg dieser Damenfahrt kein bisschen.

Letztlich fehlte es uns selbst ohne Vorbestellungen an nichts. Vermutlich war dies die erste Wanderruderfahrt in der Vereinsgeschichte, bei der Biomüsli mit frischem Obst zum Frühstück serviert wurde. Und glücklicherweise hat sich mitten in der Brandenburger Provinz auch ein Bayer angesiedelt, der nicht so vehement am sozialistischen Prinzip der 5-Jahres-Pläne festhält. Er dürfte erstaunt gewesen sein, dass 15 von 16 Frauen keinen einzigen Happen der riesigen Portionen auf ihren Tellern zurückließen. Ob er die Portionen nun noch größer macht? Wir werden’s im nächsten Jahr sehen. Wir haben nämlich schon vorbestellt.

1000 Dank an Birgitta und Ulla, dass sie diese wunderbare Tradition der Damenfahrt wiederbelebt haben!

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