40 Jahre Ehrenamt
Ein Nachruf auf Albrecht Christoph Müller

Am 24. Mai ist unser Ehrenvorsitzender Albrecht Müller verstorben. Sein Tod erfüllt uns mit tiefer Trauer, da Albrecht eine Lücke im Ruderclub hinterlassen wird, die zu füllen wohl unerreicht bleiben wird. Albrecht war ein Vorsitzender alter Schule. Ein Repräsentant wie aus dem Lexikon. Stattlich in der Erscheinung, eloquent in der Sprache und führend in seiner Haltung. Der Begriff des Sportsmanship ist wohl treffender nicht zu gebrauchen. Albrecht war ein Fels in der Brandung für Verlässlichkeit und Zuverlässigkeit.  Er gab anderen Halt und Stärke allein durch seine Person. Seine Diplomatie aber auch seine Überzeugungskraft waren stets auch von seinem Herzen begleitet. Die starke Hand war weich geführt.

Wie sehr der RCGD seine Arbeit als Vorsitzender schätzte, zeigt der Club, als er seinen Entschluss im Jahre 2000 nach 20-jähriger ehrenamtlicher Dienstzeit als Vorsitzender einen Nachfolger wählen zu lassen, nicht ohne Nachdenklichkeit angenommen hat. Als Zeichen der Anerkennung und Dankbarkeit wählten die Mitglieder Albrecht dann mehr als folgerichtig nicht nur zu ihrem Ehrenmitglied, sondern ernannten ihn auch zum Ehrenvorsitzenden.  

Albrecht war Ruderer mit Leib und Seele schon seit früher Jugend an. Zur Germania führte ihn sein Weg im Jahre 1961. Als 22-jähriger Student wurde er Leistungssportler unter Germanias Meistertrainer Dr. Dr. Theo „Döres“ Cohnen und konnte in der Folge Medaillen und Titel auf den Hochschulmeisterschaften, den Deutschen Meisterschaften und den Europameisterschaften erringen. Gekrönt wurde Albrechts sportliche Laufbahn als Olympionike mit der Teilnahme an den Spielen 1964 in Tokio zusammen mit Manfred Misselhorn, Horst Effertz und Günter Schroers. 

 

Nach Ende der hochleistungssportlichen Laufbahn war Albrecht noch viele Jahre als Veteran – heute Mastersruderer – aktiv und übernahm in der Schnittstelle zwischen Funktionär und Sportler auch die Aufgabe als Trainer in seinem ersten Heimatverein dem Ruderclub Witten. Auch hier konnte Albrecht erfolgreiche Spuren hinterlassen. Früh erkannte er die Wichtigkeit, sportliche Talente zu entdecken. So holte Albrecht den späteren Olympiateilnehmer von 1984 und Olympiadritten 1988, zweifachen Weltmeister und 13-maligen Deutschen Meister Volker Grabow buchstäblich vom Sportplatz ins Ruderboot. Albrecht blieb von 1972 bis 1975 sein Trainer in Witten, bevor er im Jahre 1976 seine erste „Stelle“ als stellvertretender Vorsitzender - ab 1977 zuständig für den Sportbereich - auf Vorschlag des damaligen Vorsitzenden Dr. Burkhard Könitzer antrat. Als dieser 1980 berufsbedingt seinen Vorsitz aufgab, konnte er Albrecht als seinen Nachfolger gewinnen.  In der Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum beschreibt Burkhard die Anwerbung wie folgt:

„Wie ein Aal hat er sich zunächst gewunden, um dieser Aufgabe zu entgehen, die offenkundig bei einem Club der Marke RCGD nicht mit links zu erledigen ist. Aber die Werbung seines Vorgängers zielte genau auf die Punkte, die Germanias Vorsitzende stets ausgezeichnet haben: sportliche Vergangenheit, Gemeinschaftssinn und Charakterstärke“ 

Insgesamt war Albrecht somit 24 Jahre in ehrenamtlicher Funktion in der Clubvertretung des RCGD tätig. Albrecht zeigte seine Führungsstärke durch die Gewinnung und Leitung starker Persönlichkeiten in seiner CV. Er lies die Funktionsträger als Ressortchefs gewähren und übertrug Ihnen damit im hohen Maße Vertrauen und Verantwortung. Manches mal aber musste er diese auch zähmen und bändigen, domptieren in seiner vollen Bedeutung. Die Ergebnisse waren ein starker RCGD, solide finanziert, erfolgreich im Leistungssport wie auch im Breitensport. Gefestigt in seiner freundschaftlich familiären Clubgemeinschaft. 

Zu seiner schwersten Aufgabe in seinen Jahren in der Clubvertretung gehörte zweifelsfrei die Freistellung seines ehemaligen Trainers Döres vom Traineramt. Die schmerzlichen Begleitumstände waren groß und es brauchte einige Zeit bis sich die Beziehungen normalisierten. Albrecht brauchte Zeit, um diesen Vorgang für sich zu verarbeiten. Seine notwendig harte Hand und sein weiches Herz haben ihn wohl manche Stunde an diesem Vorgang knapsen lassen.

Vielleicht für alle Seiten beruhigend, dass die sportlichen Erfolge auch unter Döres Nachfolger Günter Schroers nicht nachließen. Unter der Phalanx Vorsitzender Müller, Trainingsleiter Schroers und Sportvorsitzender Frank Finger konnten so manche nationale wie internationale Erfolge beim Eichkranz, den Deutschen Meisterschaften, dem Match de Senior, dem Nations-Cup in der Zeit von 1984 bis 1997 eingefahren werden. Höhepunkt war sicherlich der erste Gewinn einer Weltmeisterschaft für den RCGD durch Michael Buchheit 1989 in Bled, welcher in der Folge zweifachwiederholt werden konnte und Michael 1996 zu den Olympischen Spielen führte.

Nahezu Dauersieger war der RCGD im Wanderruderwettbewerb des Deutschen Ruderverbandes. Herausragend die ungebrochene Gesamtjahreskilometerleistung 1996 mit 180.926 km. Hier hat Albrecht mit seinen Motoren Sportvorsitzendem, Fahrtenauswerter und -statistiker sowie Vielfahrtenleiter Detlef Schlüter, Ruderwart Dr. Herbert von Holtum und Wanderruderwart Herman Höck starke Persönlichkeiten besetzt. Letztlich führte der Erfolg im Breitensport dann zu einer Bootshallenerweiterung unter der Leitung von Hauswart Jürgen Kroneberg um den erweiterten Bedürfnissen des Breitensports gerecht zu werden.

Auch in Hinblick auf die Entwicklung des Marathonruderns bewies der RCGD unter Albrecht Müller mit der Besetzung von Regattaleiter Ralph Beeckmann in den 1980er Jahren personellen Weitblick, der mit seinem Team den Rheinmarathon bis heute zu der Veranstaltungsmarke des RCGD mit nationalen und internationalen Teilnehmern entwickelte.

Nicht zuletzt die Festigung der RCGD Finanzen und die stabile Finanzkraft wurden durch die enge, vertrauliche, freundschaftliche und auch nachbarschaftliche Verbundenheit zu Schatzmeister Ludwig Spatz zu einem Erfolgsgaranten unter dem Vorsitz Albrecht Müllers.

Abgerundet wurden die zahlreichen Aktivitäten des Clubs durch die zahllosen Veranstaltungen der Damenabteilung, die seit 1982 die Funktion des Gesellschaftswartes übernommen hatte. Mit u.a. Rita Lehnacker und Almut Finger konnte Albrecht auch hier prägende Persönlichkeiten als Damenwartinnen gewinnen und in sein Team integrieren.

Albrecht war ein Teamplayer, er hat sich nie überhöht. Zur Anerkennung und Ehrung verdienstvoller und langjähriger Mitglieder führte er den Neujahrsempfang für den Ruderclub ein. Dies war ihm wichtig und auch heute noch wird der Neujahrsempfang – erweitert um individuelle Laudatoren – für die Herausstellung von besonderen Verdiensten genutzt.   

Auch in den Jahren meiner Zusammenarbeit mit Albrecht im Ruderclub war er stets eine starke Stütze. Sein Vertrauen in mein Tun und Handeln und auch in seinen Entscheidungen, mir die verschiedenen Aufgaben Jugendwart, Sportvorsitzender sowie seine Nachfolge anzuvertrauen und dabei stets loyal und den Rücken freihaltend die Aufgaben zu begleiten, ist im hohen Maße dankenswert, dass man sein Ausmaß erst in der Rückschau vollumfänglich erkennt. 

Neben der Mandatsträgerschaft im Ruderclub war Albrecht auch ein erfolgreicher Manager. Denn auch im beruflichen Umfeld wurden seine Fähigkeiten erkannt und so konnte Albrecht bis zum Vorstand eines führenden internationalen Unternehmens aufsteigen. Seine persönlichen Charakterzüge sowie seine Vorzüge, seine Erfahrungen und seine Eigenschaften als Leistungssportler haben ihn auf diesem Weg unterstützt.

Der Familienmensch Albrecht Müller war Vater, Großvater, Vertrauter, Tröster, Fan, Unterstützer, Fahrer, Abenteurer und vieles mehr. Auch in der Familie war der Rudersport prägend, alle Müllers haben gerudert. Die Söhne Albrecht jr. und Alex im Leistungssport und Albrechts Ehefrau Karin vor allem im Muttertagsachter und der Ehepaarbarke. Und auch Albrecht selber hat neben der beruflichen und der ehrenamtlichen Belastung immer wieder die Skulls und Riemen zur Hand genommen. Alte-Herrn-Barke, Ehepaarbarke sowie verschiedene Wanderfahrten, aber auch Touren auf dem Rhein gehörten immer wieder zu seinen freitzeitlichen Beschäftigungen, die von Ausflügen zum Golfen und zu ausgeprägten Radtouren ergänzt wurden.

Gerade seine Frau Karin gebührt auch ein Dank für die vielen Jahre, die Sie Albrecht hat sich für den Club einsetzen lassen. Karin verkörpert das große und weiche Herz von Albrecht. Musste Albrecht so manches Mal durchgreifen, so war es stets Karin, die ihn und auch die Gemeinschaft mit Ihrer Herzlichkeit beruhigte und die die Kräfte zurück gab.  Liebe Karin, dazu bedankt sich der RCGD aus vollem Herzen!

In den Jahren nach seinem Vorsitz blieb Albrecht dem Club stets mit Rat und Tat verbunden. Rat gab er so manchem Mandatsträger. Immer unter vier Augen und was dort gesagt wurde blieb auch dort. Albrecht unterstützte die Arbeit von Vorstand und Clubvertretung stets. Er stand aufrichtig und als starke Stütze jederzeit für die Interessen des Clubs ein. „Offiziell“ wurde Albrecht dann wieder im Jahre 2005 tätig. Er wurde Mitglied und Sprecher des Ältestenrates und im Jahre 2015 nochmals Vereinsvorsitzender. Diesmal nicht im RCGD sondern im Verein „Düsseldorf am Ruder e.V. – Rudern gegen Krebs“ einer Kooperation der Krebsgesellschaft NRW und des Ruderclub Germania Düsseldorf zur Durchführung und Organisation einer Benefizregatta im Medienhafen. In beiden Funktionen konnte er seine Fähigkeiten nochmals unter Beweis stellen, ja sie wurden sogar gefordert. Als Schlichtungsorgan im RCGD und darüber hinaus und als Repräsentant im neuen Verein.  

In diese Zeit fällt auch neben der unschätzbar wertvollen Begleitung meiner Zeit als Vorsitzender, Albrechts sehr persönliches Engagement in der Zeit danach. Hierfür empfinde ich eine große und herzliche Dankbarkeit. - Lieber Albrecht, vielen Dank für alles! 

Liebe Germanen, die Lücke, die Albrecht hinterlässt ist groß. Die Beschreibung seiner Person und seines Tuns und seines erfüllten Lebens kann nur unvollständig sein. Sein Handeln, welches immer davon geprägt war, dem Club das wiederzugeben, was er als Leistungssportler und junger Athlet von ihm bekommen hat, sollte uns ein Vermächtnis sein. Voller Dankbarkeit wollen wir Albrecht Müller in Erinnerung behalten. Wir sind mit dieser Dankbarkeit auch in Gedanken bei seiner Frau Karin und seiner Familie. 

Gunnar Hegger / Juni 2018